Wie melde ich eine Demo an? Eine Anleitung

Stell dir vor, es ist Demokratie und keiner geht hin: Bürgerbeteiligung ist in einer Demokratie unerlässlich. In unserer Reihe „DIY Demokratie“ beleuchten wir wichtige Formen von Beteiligung. Hingehen müsst ihr dann selbst. DIY eben – Do It Yourself! Folge 1: Demonstration.

Wer politische Unzufriedenheit ausdrücken, Aufmerksamkeit für seine Sache erzeugen oder etwas ändern möchte, greift in Deutschland häufig zum Mittel der Demonstration. Fridays for Future, #NOPAG, die glänzende Demo der Vielen und Protestmärsche aus allen politischen Richtungen: Demonstrationen sind ein urdemokratisches Mittel, sich Gehör zu verschaffen. Wer an Demonstrationen denkt, hat bestimmt aktuelle oder historische Beispiele im Kopf. Etwa die Bilder friedlich demonstrierender Bürger der ehemaligen DDR in den Monaten vor dem Mauerfall – oder aktuell die protestierenden Menschenmassen im vom China drangsalierten Hongkong.

Die Versammlungsfreiheit ist eines der höchsten demokratischen Güter und als solches in Deutschland in den Grundrechten festgehalten. Prinzipiell gilt also frei nach Artikel 8 des Grundgesetzes, dass jede*r jederzeit Versammlungen organisieren darf, ohne davor um Erlaubnis zu bitten, solange diese friedlich und ohne weitere Gesetzesbrüche verlaufen. Wer allerdings sicher gehen möchte, dass bei einer Demonstration alles mit rechten Dingen zugeht, kann mit einfachen Schritten eine offizielle Versammlung beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) anmelden.

Ab wann spricht man von einer Versammlung?

Eine Versammlung ist eine Zusammenkunft von mindestens zwei Menschen mit dem Ziel der öffentlichen Meinungsbildung oder -kundgabe. Wenn diese Versammlung für alle, die mitmachen möchten, zugänglich ist, wird sie als öffentlich bezeichnet. Bei einer öffentlich für jeden zugänglichen Versammlung gelten einige Grundsätze:

Was müsst ihr als erstes dafür tun?

Eine reguläre Demonstration sollte spätestens 48 Stunden im Voraus im Veranstaltungs- und Versammlungsbüro des KVR angemeldet werden. Dabei zählen nur Werktage, keine Samstage, Sonntage oder Feiertage. Die Anmeldung kann schriftlich, per Fax, telefonisch oder persönlich erfolgen. Solltet ihr spontaner demonstrieren wollen, müsst ihr die Versammlung im öffentlichen Raum spätestens bei Beginn bei der Polizei oder dem KVR anmelden. Eine so kurzfristig angemeldete Demonstration gilt als Eilversammlung und ist ebenfalls erlaubt. Selbst Spontanversammlungen, die aus dem Affekt heraus ohne Veranstalter und unmittelbar entstehen, sind nach Artikel 13 des Bayerischen Versammlungsgesetzes erlaubt. Diese müssen dann auch nicht angemeldet werden, da sie nicht geplant waren.

Bei einer fristgerechten Anmeldung im 48-Stunden-Zeitraum müssen mindestens Wunschtermin und -zeit, Thema und Name von Veranstalter*in und Leiter*in der Versammlung angegeben werden. Bei sich fortbewegenden Versammlungen muss außerdem der Streckenverlauf mit Start- und Endpunkt angegeben werden. Weitere Infos wie geschätzte Größe der sich versammelnden Gruppe, Anzahl der Ordner*innen, Versorgungsstände, Wägen mit Musik etc. erleichtern die Organisation, müssen aber nicht unbedingt angemeldet werden.

Für öffentliche Plätze gibt es dann beim KVR eine Art Vergabekalender, in dem geklärt werden muss, ob die jeweiligen Orte am Termin schon „ausgebucht“ sind. Eventuell wird es also nichts mit dem Stachus, weil dort bereits eine andere Versammlung am selben Tag früher angemeldet war.

Die Versammlungsfreiheit ist nur bis zu dem Zeitpunkt gewährleistet, an dem die versammelte Gruppe mit weiteren Gesetzen in Konflikt kommt. Die Behörde darf Anträge auf Versammlungen ebenfalls ablehnen, wenn es Tatsachen gibt, die annehmen lassen, dass Veranstalter*innen die Friedlichkeit der Veranstaltung gefährden. Weiter darf das KVR Veranstalter*innen vorschreiben, wie viele Ordner*innen anwesend sein müssen, um eine friedliche Versammlung zu gewährleisten.

Wenn ihr diese Punkte befolgt habt und beim KVR einen Termin und Ort für eure Demonstration genehmigt bekommen habt, steht eurem Vorhaben nichts mehr im Wege. Ob ihr Mitdemonstrant*innen nun per Facebook oder Flüsterpost zusammentrommelt: Solange ihr friedlich demonstriert und keine Gesetze dabei brecht, kann euch jetzt nichts mehr aufhalten.

Darf ich wirklich überall und immer demonstrieren?

Das KVR behält sich vor, Demonstrationen nicht an allen Tagen zu genehmigen. Das hängt ganz davon ab, ob der Tag oder der Ort beispielsweise nationalsozialistische Symbolik mit sich bringt und dadurch die Würde und das Gedenken der Opfer beeinträchtigen könnte oder grundlegende Verstöße gegen ethische und soziale Werte passieren könnten.

Abgesehen davon gibt es in München rund um das Bayerische Landtagsgebäude einen sogenannten befriedeten Bezirk. In diesem Bereich sind Versammlungen unter freiem Himmel nicht erlaubt. Die genaue Ausdehnung dieses Bezirks könnt ihr im Bayerischen Versammlungsgesetz nachlesen. Solltet ihr also eine Demonstration im Bereich in der Nähe des Maximilianeums planen, schaut lieber nochmal nach, ob ihr damit im befriedeten Bezirk landet. Solltet ihr trotzdem genau dort demonstrieren wollen, müsst ihr eure Versammlung spätestens sieben Tage (wieder ohne Wochenende und Feiertage) im Voraus anmelden, dieses Mal allerdings beim Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration.

Wer hat kein Recht auf Demonstration?

Nicht demonstriert werden darf in Deutschland nach dem Grundgesetz gegen demokratische Werte. Wer dies trotzdem tut, verliert sein recht auf Versammlungsfreiheit. Darüber entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Dazu zählt natürlich auch, wenn die Demo in Zusammenarbeit mit einer verfassungswidrigen Partei oder einem verfassungswidrigen Verein stattfindet.

Wer kommt als Versammlungsleiter*in in Frage und was muss erledigt werden?

Wer eine Demonstration anmeldet, organisiert und Menschen versammelt, gilt als Veranstalter*in und leitet die Demo an. Die Aufgabe kann allerdings auch an eine andere Person übertragen werden, die dann als Leiter*in der Demo verantwortlich ist. Nur bei Spontanversammlungen muss niemand die Leitung übernehmen. Solltet ihr Leiter*in einer Versammlung werden, seid ihr verantwortlich für den Ablauf und entscheidet, wer wann reden darf oder entzieht das Wort. Außerdem seid ihr verantwortlich dafür, dass alles ordentlich verläuft, könnt die Versammlung jederzeit auflösen und müsst natürlich vor Ort dabei sein. Zur Hilfe könnt ihr euch dafür Ordner organisieren, die mit weißen Armbinden mit dem Wort „Ordner“ gekennzeichnet werden müssen und logischerweise nicht bewaffnet sein dürfen. Weiter müsst ihr als Leiter*in der Polizei Zugang und unter freiem Himmel einen angemessenen Platz einräumen. Sollte die Polizei bei eurer Versammlung dabei sein wollen, muss sie euch bescheid geben.

Welche Pflichten habe ich als Teilnehmer einer Versammlung?

Als Teilnehmer*in ist es für euch wesentlich entspannter, an einer Demonstration teilzunehmen: Solange ihr euch ordentlich und friedlich verhaltet und den Anweisungen von Ordner, Polizei und Leiter*in folgt, solltet ihr keine Probleme bekommen. Wichtig ist, dass ihr gegen keine der folgenden Regeln verstoßt:

Was ist auf einer Demo in Deutschland absolut verboten?

Bei einer öffentlichen Versammlung dürft ihr auf keinen Fall bewaffnet sein: Dazu zählen natürlich gesetzlich verbotene Waffen, aber auch andere Gegenstände, die ihr dazu verwenden könntet, andere zu verletzen oder Dinge zu beschädigen. Außerdem dürft ihr keine Uniformen, militärisch anmutende Kleidung oder Ähnliches tragen, um eurer politischen Meinung Ausdruck zu verleihen oder andere einzuschüchtern. Der Dresscode auf Demonstrationen erstreckt sich allerdings auch weiter: eure Identität muss bestimmt werden können, deswegen dürft ihr auf Demonstrationen und auch schon auf dem Weg dorthin nicht vermummt sein.

Der Nationalsozialismus darf bei Versammlungen auf keinen Fall gebilligt, verharmlost oder gar verherrlicht werden und die Würde der Opfer und das Andenken darf auf keinen Fall beeinträchtigt werden.

Zuletzt dürft ihr Demonstrationen nicht stören oder versuchen, sie zu verhindern. Sollte eine Demo bereits nicht genehmigt oder aufgelöst worden sein, dürft ihr außerdem nicht dazu aufrufen, weiter daran teilzunehmen, egal ob das mündlich, schriftlich, im Internet oder sonst wo passiert.

Wie sieht es eigentlich mit Fotos und Videos auf einer Demo aus?

Die Polizei darf generell nur Bilder und Videos von Versammlungen aufzeichnen, wenn akute Annahmen rechtfertigen, dass die Sicherheit Demonstrierender gefährdet ist oder durch die schiere Größe der Gruppe sonst kein Überblick zu behalten ist. Diese Aufnahmen dürfen nicht heimlich gemacht werden. Sollten diese Aufnahmen nicht weiter benötigt werden, werden sie nach zwei Monaten wieder gelöscht.

Was passiert, wenn ich gegen die Regeln verstoße?

Wenn die öffentliche Sicherheit bei einer Demonstration durch Verstöße gegen die Regeln gefährdet wird, kann die Versammlung aufgelöst werden. Solltet ihr mit Waffen auf der Demo aufkreuzen, sie aktiv zu stören versuchen, gewalttätig werden oder Gewalt androhen, könnt ihr mit Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren rechnen.
Auch Verstöße gegen alle anderen oben genannten Regeln können Geldbußen oder Freiheitsstrafen nach sich ziehen.

Solltet ihr als Leiter*in der Polizei keinen angemessenen Platz und Zugang zu eurer Versammlung geben, könnte euch das bis zu 3.000 Euro kosten. Wenn ihr die Versammlung nach Ende nicht unverzüglich verlasst, droht bis zu 500 Euro. Weitere Bußgeldverordnungen findet ihr ansonsten auch im Bayerischen Versammlungsgesetz.

Wie geht es nach der Demo weiter?

Nachdem eine Demonstration aufgelöst wurde, müsst ihr den Ort wieder verlassen. Die Versammlung darf dann auch nirgends anders fortgeführt werden. Natürlich dürft ihr auch im Anschluss keine der bisher genannten Regeln brechen und müsst euch weiterhin friedlich verhalten.


Quellen ∙ Adressen ∙ Formulare:

Kommentare anzeigenKommentare ausblenden

Kommentieren