9 gute Gründe die MVHS im Oktober zu besuchen

Volkshochschulen sind berühmt für ihre Programmvielfalt. Und das ist gut so. Trotzdem möchten wir jenen, die keine Zeit finden, sich die 250 Angebote zu Deutschland und Demokratie im Detail durchzulesen, anzustreichen und auszuwählen, eine kleine Hilfestellung geben. Hier kommt eine Liste der 9 Veranstaltungen, die jede*r Münchner*in einfach ungesehen in seinen Kalender importieren kann.

1919, 1949 oder 1989: In diesen Jahren bahnten sich jeweils gesellschaftliche Umbrüche in Deutschland an. Mit mehr als 250 Veranstaltungen widmet sich die Münchner Volkshochschule im aktuellen Programmschwerpunkt «Das Experiment: Deutschland und die Demokratie» diesen Meilensteinen.

1. Zu früh gefreut:

1989 – Sieg der Demokratie oder Auftakt zum Zerfall des Westens

War der Untergang der DDR wirklich ein Sieg des Westens? Manche Steuerzahler*innen haben da bekanntlich ihre ganz eigene Bewertung. Aber auch Politikwissenschaftler*innen beginnen damit, die Ereignisse vor 20 Jahren mal aus einer ganz anderen Perspektive zu betrachten. Was hat das Ende des sogenannten real existierenden Sozialismus mit dem freien Westen gemacht? Womöglich mehr als wir bisher erkannt haben: Systeme bedingen sich ja immer gegenseitig. Professor Norbert Frei, einer der renommiertesten Historiker der Republik, geht sogar so weit, zu behaupten, im Herbst 1989 habe der “Zerfallsprozess” des Westens begonnen.

Diesen Thesen widmet sich Norbert Frei in einem Podiumsgespräch mit dem ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Stephan Bickhardt und der Nachwende-Vertreterin Dr. Adriana Lettrari, Mitbegründerin von Netzwerk 3te Generation Ostdeutschland.

 

2. Ankommen ohne weggegangen zu sein:

Integriert doch erst mal uns!? – Zur Situation im Osten Deutschlands

Integration ist keine Einbahnstraße – es bedarf des Willens beider Seiten, Verständnis füreinander zu entwickeln. Bei geflüchteten Menschen erkennen wir das sofort an. Aber wie sieht es aus, wenn nicht der Mensch aus seiner Heimat flieht, sondern die Heimat, die ihm Werte, Lebenswelten und Handlungsmuster bereitgestellt hat, sich über Nacht verflüchtigt?

Münchens Ex-OB Christian Ude hat passende Gäste eingeladen, um die Frage zu stellen, ob bei der Integration der Menschen in Ostdeutschland in die westdeutsche Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft vielleicht alle etwas zu blauäugig waren. Wurde die Lebensleistung derer, die mit den Umbrüchen zurechtkommen mussten, ausreichend anerkannt? Auf dem Podium sitzen Staatsministerin für Integration, Petra Köpping und taz-Autor Daniel Schulz.

 

Menon-Projekt-Illustration
Foto: Richard Stry
3. Gute Frage:

Das Menon-Projekt – Philosophie für junge Leute: Die Grundrechte

Wie weit darf das Strafen gehen? Was bedeutet Gleichheit von Mann und Frau? – Wetten, die Antworten liegen auf der Zunge. Und wetten, es wird nicht so einfach sein, letztendlich zu antworten. Erkenntnisgewinn durch die richtigen Fragen, das hat schon Sokrates bei seinem Schüler Menon mit Freude praktiziert. Die MVHS hat vor einem Jahr die erfolgreiche philosophische Event-Reihe “Das Menon-Projekt” gestartet, die diese altgriechischeLehr-Methode aufgreift, um moderne Fragen zu diskutieren. Anlässlich des Demokratie-Schwerpunktes liegt es nahe, Fragen über das Grundgesetz zu stellen.

 

4. Guter Plan:

„Wie würden Sie entscheiden? Münchens Mobilität der Zukunft – ein Planspiel“

Politiker setzen sich gerne Ziele, aber wenn diese nicht erreicht werden, liegt es zeitlich meist weit hinter ihrer aktiven politischen Laufbahn. „Klimaneutral bis 2050“ hat der Münchner Stadtrat beschlossen. Zur Umsetzung dieses Klimaschutzzieles muss München seinen Verkehr völlig neu denken. Die MVHS bietet in Kooperation mit dem BayernForum und BenE München bei der Ideenfindung ihre Mithilfe an: Wie kann München CO2-neutral werden und dennoch mobil bleiben? Ein Planspiel macht die Mühlen der Kommunalpolitik direkt erfahrbar. Im Anschluss warten Stadträte direkt vor Ort auf Diskussionsergebnisse.

 

5. Münchner Kämpferin:

„Erika Mann. Kabarettistin – Kriegsreporterin – politische Rednerin“

Erika Mann, 1948
Foto: Florence Homolka
Quelle: Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Offenbar haben Literat*innen einen Hang zur Kriegsberichterstattung. So wie Hemingway einst in Spanien das Kanonengewitter im Kampf gegen Franco in Reportagen gegossen hat, begleitete Erika Mann die Alliierten ein halbes Jahr lang als Journalistin bei ihrem Siegeszug gegen das nationalsozialistische Deutschland.Mit einer erstmaligen Einzelausstellung widmet sich die Monacensia im Hildebrandhaus dem Leben und Werk der Münchnerin Erika Mann (1905-1969), der ältesten Tochter von Katia und Thomas Mann. Im Mittelpunkt steht ihr konsequentes Eintreten für Freiheit und Demokratie. Die Ausstellung zeigt Briefe, Manuskripte, Fotografien sowie Filmaufnahmen und Originaltöne einer bis an ihr Lebensende kämpferischen Frau, die für die Gegenwart höchst aktuell ist. Weitere Termine.

 

poetry
Photo by Trust „Tru“ Katsande on Unsplash
6. Ein Land – zwei Literaturen:

Schreiben in einem Land – Deutsche Lyrik nach 1989

Treffen sich drei Poetinnen auf einer Bühne. Fängt an wie ein Witz – und ist zumindest auch kurios. Denn alle kommen aus dem gleichen Land und doch aus unterschiedlichen Ländern. Der Lyriker Uwe Kolbe wurde 1957 in Ostberlin geboren, Schriftstellerin Daniela Danz 1976 in Eisenach, Büchner-Preis-Preisträger Marcel Beyer ein paar Jahr zuvor im dörflichen Baden-Württemberg. Deutschland war ein geteiltes Land. Mit der Wiedervereinigung begegneten sich zwei deutsche Literaturen. Daniela Danz, Marcel Beyer und Uwe Kolbe stammen aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen und verschiedenen Generationen. Im Einstein 28 gehen sie auf Spurensuche: Wie schlagen sich die 30 Jahre seit dem Mauerfall in ihrer Poetik nieder?

 

7. Zeitzeugen lauschen:

Die Demokratie von Weimar – Chancen, Scheitern und Zerstörung

In letzter Zeit jagen einem die Vergleiche mit der Weimarer Republik immer mal wieder einen Schauer über den Rücken. Kann man die politische Stimmung tatsächlich vergleichen? Gibt es wirklich Parallelen zu heute? Aus erster Hand kann man sich die Erfahrungen aus Weimar längst nicht mehr erzählen lassen – es lohnt sich aber dennoch, genau hinzuhören. Historikerin Ursula Büttner hat für einen Abend im Gasteig gemeinsam mit Schauspielerin und Synchronsprecherin Julia Cortis spannende Zeitzeugenberichte herausgesucht und widerspricht in ihrem Vortrag der gängigen These, dass Weimar zum Scheitern verurteilt war.

 

Macht-der-Gefuehle-Titelbild
© Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur/Regina Schmeken
8. Stimmungsmacher:

Stimmungslagen – Die Macht der Gefühle in Politik und Gesellschaft

Jetzt wird`s psychologisch – nicht ohne Grund. Den Zusammenhang von Stimmungen und Stimmenfang haben wir ja in den vergangenen Jahren weltweit an mehreren Wahltagen schmerzlich erleben müssen. Angst, Sorge, Aufregung, Wut, Mitleid, Scham, Hoffnung, Liebe … Gefühle spielen immer eine Rolle – natürlich auch in der Politik. Mit einer Tagung und einer Ausstellung im Einstein 28 spürt die MVHS der Rolle von Emotionen in der Demokratie nach.

 

9. Kommunen-Kino:

Bertolt Brecht: Die Tage der Commune

114 Minuten DDR-Zelluloid aus dem Jahr 1966 widmen sich einem Brecht-Stück, das in München zum Jahrestag der Räterepublik besonders gut ins Bild passt: Es geht um diesen kurzen Moment, in dem Freiheit und Verwirklichung von Utopien möglich scheinen und die anschließende, blutige Zerschlagung der Hoffnungen. Im Mittelpunkt von Brechts Stück von 1949 steht die Proletarierfamilie Cabet, die in Paris am Montmartre lebt. Ihre Geschichte ist verwoben mit der Geschichte der Pariser Commune, der ersten proletarischen Diktatur, die nur 79 Tage dauerte. Aufzeichnung einer Aufführung des Berliner Ensembles von 1962, unter anderem mit Gisela May und Angelica Domröse.

 


Mehr dazu:

  • Alle weiteren Veranstaltungen zum Programmschwerpunkt Das Experiment: Deutschland und die Demokratie findet ihr auch im aktuellen Programmheft der MVHS sowie online
Kommentare anzeigenKommentare ausblenden

Kommentieren