„Wir brauchen eine Revolution unserer Umgangsformen“: Politikberater Martin Fuchs im Interview

Martin Fuchs ist bekannt als Experte für Digitales in zahlreichen Talkshows. Er berät Regierungen, Parlamente, Parteien und Verwaltungen in Digitaler Kommunikation. Zuvor war er Politik- und Strategieberater in Brüssel und Berlin.

Fuchs ist Dozent für Digitale Kommunikation und Politik an verschiedenen Hochschulen. Zudem ist er Gründer der Social-Media-Analyse-Plattform Pluragraph.de und bloggt über Digitalisierung in der Politik unter hamburger-wahlbeobachter.de

Am 13. Januar ist er zu Gast im Einstein 28 und wird gemeinsam mit Carline Mohr, der Leiterin des Newsrooms der SPD, über Chancen und Gefahren der Digitalisierung für die politische Partizipation diskutieren.

Wir haben Martin Fuchs vorab ein paar demokratische Fragen gestellt:

Heute morgen habe ich…?

… in meinem zweiten „Wohnzimmer“ ICE gesessen, kurz das Internet komplett ausgelesen & mich wieder viel zu oft über politische Kommunikation im Netz geärgert.

Das letzte Mal habe ich an der Demokratie gezweifelt, als ich ….

Martin Fuchs
Martin Fuchs, © privat

Zum Glück kommt das eher selten vor. Zuletzt am 24.11.2019 als ich las, dass schon wieder fünf Frauen im Mittelmeer ertrunken sind. Warum schafft es die EU nicht eine sichere Seenotrettung zu organisieren? Warum gehen nationale Interessen vor Menschenleben? Ich versteh es nicht! 

Die Welt wäre schöner, wenn mehr Menschen dieses Buch lesen würden:

„Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist“ von Hans Rosling u.a. Der leider kürzlich verstorbene schwedische Professor zeigt, dass die Welt nicht schlechter wird, sondern jedes Jahr besser. Auch wenn wir das anders wahrnehmen: Die Entwicklung ist positiv und sollte uns motivieren auch die großen Herausforderungen wie z. B. die Klimakrise couragiert anzugehen.

Dieser Film hat mich zum Nachdenken über die Welt gebracht:

„Jack“. Ein bewegender Film über einen starken kleinen Jungen, der von seiner Mutter vernachlässigt wird und sich mit seinem kleinen Bruder durch Berlin schlägt, um sie zu finden.

 Ich glaube, wir brauchen eine Revolution im Bereich … 

… des gesellschaftlichen Miteinanders. Wir müssen wieder lernen, uns gegenseitig zuzuhören, Kompromisse zu schließen, andere Meinungen zu akzeptieren. Unser sozialer Umgang und unsere Diskurskultur sind kaputt. Und was ich täglich feststelle: Wir brauchen eine Revolution unserer Umgangsformen, nicht nur digital. Insbesondere analog merke ich jeden Tag, wie wir Deutschen verlernt haben, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft zu leben.

Wenn ich an Deutschland in 30 Jahren denke, sehe ich …

… ein Land, in dem die 4-Tage-Woche Realität ist, das Bedingungslose Grundeinkommen die Arbeitswelt verändert hat, weil uns die Digitalisierung die Möglichkeiten und Freiräume gibt, kreativ zu sein, um damit den erarbeiteten Wohlstand zu erhalten. Für mehr Leute als das heute der Fall ist.

Demokratie in 3 Emojis:

🤳 ✌️ 💫

Demokratie ist anstrengend, weil …

… sie jeden Tag erneut erkämpft werden muss. Gegenüber Ignoranz und den Feinden der Demokratie. Und zwar von allen, nicht nur von den aktiven Demokraten.

Demokratie macht Spaß, weil…

… jeder von uns Teil davon ist. Und jeder die Chance hat, das Land so zu gestalten, dass es für uns alle der beste Ort der Welt ist! 

Mehr dazu:
  • „Politik im Netz – zwischen Partizipation und Manipulation“
    Vortrag + Podiumsdiskussion am 13. Januar 2020 | Einstein 28
    Carline Mohr, ehemalige Journalistin und jetzige Leiterin des Newsrooms der SPD, spricht mit Martin Fuchs, Politikberater und Blogger, über die Chancen und Gefahren der Digitalisierung für politische Partizipation.

[Foto: © privat]

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